Dass sich trotz mehrfachen Redigierens dennoch immer ein paar Fehlerchen einschleichen, ist nichts Neues. Wenn aus „und“ ein „uns“ oder aus „mit“ ein „mir“ wurde, ein Buchstabe fehlte oder ein Wort doppelt vorhanden war, konnte ich bisher auch immer ganz gut darüber hinweg sehen. Schließlich ist niemand, der stundenlang Texte Korrektur liest, vor Textblindheit gefeit. In letzter Zeit sind mir aber vermehrt Fehler in Büchern aufgefallen, die man als Leser nicht einfach mal so ignorieren kann. So las ich gestern einen Roman, in dem eine ganze Seite nur ein einziges Komma aufwies – alle anderen wurden vergessen und so reihten sich Haupt- und Nebensätze, Aufzählungen und Gedankengänge pausenlos und chaotisch aneinander. Angenehm liest sich so etwas nicht. Ganz zu schweigen davon, dass im selben Werk statt des Dativs der Akkusativ verwendet wurde, was den Satz sehr merkwürdig klingen lies.

Ein paar Wochen zuvor trat ein bestimmter und recht ungewöhnlicher Fehler mehrfach in einem Kinderbuch auf: Vor einem Substantiv im Plural stand ein Artikel, der eigentlich ein Substantiv im Singular ankündigte und umgekehrt. Textblindheit und Unfehlbarkeit hin oder her: Solche groben und vor allem wiederholten Fehler in einem Buch springen einem regelrecht ins Gesicht und selbst ein noch so überforderte Lektor kann Fehler solchen Ausmaßes nicht übersehen. In derartigen Momenten beginne ich als Leser wirklich an der Arbeit von Lektoren zu zweifeln. Ja, sicher haben Lektoren viel Stress – aber das ist auch in anderen Jobs der Fall. Ganz zu schweigen davon, dass Manuskripte ja nicht nur einmal Korrektur gelesen werden. Meiner Erfahrung nach treten solche großen, auffälligen Fehler meist in der Mitte oder gegen Ende des Buches auf sowie vorwiegend bei übersetzten Werken. Wie viel Mühe machen sich Lektoren wirklich beim Redigieren? Lesen sie alles oder irgendwann nur noch stichprobenartig? Meine eigenen redaktionellen Texte lese ich mehrfach Korrektur, zudem werden sie von anderen ebenfalls gründlich gelesen und auf Fehler überprüft. In all den Jahren, die ich nun redaktionell arbeite, hat es nur einmal ein Fehler in die veröffentlichte Ausgabe geschafft. Aus eben dieser eigenen Erfahrung ist mir unschlüssig, wie bei einem Buch, das nun mal auch in fünf oder zehn Jahren noch erhältlich ist und gelesen wird, so unsauber und oberflächlich gearbeitet werden kann. Natürlich könnte man Zeitdruck als Ursache sehen, doch ganz ehrlich: Ich warte lieber ein Jahr länger auf ein Buch, das fehlerfrei ist, anstatt ein Werk so schnell wie möglich in den Läden zu finden, das vor Fehlern nur so strotzt!

Ich weiß, dieses Thema ist nicht neu und wird unter uns Leser und Bloggern immer wieder eifrig diskutiert. Doch gestern ist meine Fehler-Toleranz-Grenze zum ersten Mal wirklich weit überschritten worden, weshalb ich meinem Frust einfach einmal Luft machen musste.