Im Herbst und Winter gibt es kaum etwas Besseres, Wohltuenderes und Gemütlicheres, als in Welten voller Abenteuer, Horror, Geheimnisse und Magie einzutauchen, eingehüllt in eine weiche Decke und in der Hand ein heißer Tee. Noch schöner als das Selber-Lesen solcher Geschichten ist es, diese erzählt zu bekommen. Wenn professionelle Sprecher mit dem gekonnten Spiel ihrer Stimmen und perfekt gesetzten Pausen zu den spannendsten Momenten hinführen und das Kopfkino auf Hochtouren bringen, schwirren magische Wesen um einen herum und in der Schwärze der Nacht fühlt sich das vertraute Zuhause plötzlich unheimlich an.

Heute stelle ich euch daher fünf atemberaubend-fantastische, schaurig-schöne Hörspiele vor.

Der Klassiker: „The War of the Worlds“

Wenn ein Hörspiel bei der Bevölkerung Angst und Unsicherheit auslöst, weil seine Hörer es für eine echte Nachrichtensendung halten und an eine Alieninvasion glauben, dann haben Regisseur, Produzenten und Sprecher eindeutig alles richtig gemacht! Orson Welles Adaption von H. G. Wells‘ „The War of the Worlds“ ist zurecht ein Klassiker und Meilenstein der Hörspielhistorie. Lauscht man heute, wie Orson Welles und der Rest der Cast in dem fiktiven Radioprogramm von der Landung der Außerirdischen und ihrer Bedrohung der Menschheit erzählen, lächelt man vielleicht noch im ersten Augenblick über die Leichtgläubigkeit der damaligen Zuhörer, denn „Außerirdische gibt es nicht“ – doch bei längerem Zuhören muss sich auch heute noch jeder eingestehen, dass Welles und Cotton eine erschreckend authentische Radiosendung imitiert haben und dass man damals wohl auch darauf reingefallen wäre. Chapeau!

Der zukünftige Klassiker: „Monster 1983“

Mit dem als Trilogie angelegten „Monster 1983“ hat Ivar Leon Menger die beste Hörspielserie seit den ’90ern geschaffen. Die genial-komplexe, schön-schaurigen Geschichte voller ’80er Flair dürfte vor allem ein Highlight für die einstigen Kassettenkinder sein , die nachts heimlich mit Walkman im Bett den Abenteuern von den Fünf Freunden, TKKG und den Drei ??? lauschten und Albträume von R. L. Stines „Gänsehaut“-Folgen bekamen. Mit den vielen verstrickten Leben der Bewohner von Harmony Bay, den Geschichten um Korruption, Intrigen und vor allem den grauenvollen Morden durch den Nachtmahr sorgen David Nathan, Simon Jäger, Ekkehardt Belle, Jonas Schmidt-Foß und der Rest der Cast für charmanten Retro-Horror, der – zumindest mich – stellenweise an die früheren Werke Stephen Kings erinnert. Kurzum: Ein absolutes Muss!

Für Fantasten: „Die unendliche Geschichte“

Michael Endes Kinderbuchklassiker kann man immer wieder lesen – egal, in welchem Alter, egal, in welcher Lebenssituation und egal, zu welcher Zeit des Jahres. Am besten liest sich die Geschichte jedoch, wenn es draußen dämmert und der Regen gegen die Fenster prasselt. Wer zum Selber-Lesen keine Zeit hat oder die Abenteuer von Bastian, Atréju, Fuchur, Urgl, Engywuck und Co. einfach neu entdecken möchte, der kann dank des WDR auch akustisch nach Phantásien reisen. Erzählerin der Geschichte ist niemand Geringeres als die fabelhafte Anna Thalbach und der Rest der Besetzung ist stimmlich so vielfältig wie die Charaktere, die sie zum Leben erwecken. Anfangs fürchtete ich, dass eine Adaption meines Lieblingskinderbuches schiefgehen würde. Doch bereits nach der ersten Folge (das Hörspiel lief ursprünglich als Mehrteiler im Kinderradiokanal KiRaKa) war ich begeistert, obwohl die ein oder andere Figur eine andere Stimmfarbe hatte als all die Jahre in meinem Kopf.

Für London-Liebhaber: „Neverwhere“

Neil Gaimans Geschichten lösen bei gefühlt 99,9 % seiner Leser grenzenlose Begeisterung aus. Mich persönlich konnten bislang jedoch nur sehr wenige seiner Werke überzeugen, beispielsweise die schaurigen Kurzgeschichten „Der Preis“ und „Die Trollbrücke“. Die BBC-Produktion von Gaimans Roman „Neverwhere“ jedoch konnte ich mir nicht entgehen lassen und kann sie – als Gaiman-Skeptikern – uneingeschränkt weiterempfehlen. Mit so international erfolgreichen, britischen Schauspielern wie Christopher Lee, Natalie Dormer, Sophie Okonedo und Benedict Cumberbatch ist das Hörspiel hochkarätig besetzt und in Verbindung mit einer cineastisch anmutenden Geräuschkulisse zieht die Produktion die Hörer unweigerlich tiefer hinab in das geheimnisvolle Unter-London.

Für Comic-Fans: „Locke & Key“

Ich muss gestehen, die mehrteilige Hörspielproduktion „Locke & Key“ habe ich nach der ersten Folge beenden müssen. Der Grund: Es war mir zu heftig! Für die Adaption der mysteriösen und doch sehr brutalen Comicserie von Stephen Kings Sohn Joe Hill und Zeichner Gabriel Rodriguez war ich leider zu zartbesaitet – was wiederum für die Produktion spricht! Denn ja: Das Hörspiel ist wirklich verdammt gut! Es schockiert, ist dramaturgisch genial umgesetzt und großartig besetzt – im Deutschen ebenso wie im englischsprachigen Original, wo unter anderem Haley Joel Osment zu hören ist. Wer also etwas abgehärteter ist als ich und ein Faible für Horror und Fantasy hat, den erwartet beste Unterhaltung.

War of the Worlds
Monster 1983
Die unendliche Geschichte
Neverwhere
Locke & Key

Noch nicht genug Inspiration für lauschige Tage und Nächte? Nächste Woche verrate ich euch meine fünf Hörbuch-Highlights für die düstere Jahreszeit.