P1050669Wenn ich in den sechs Jahren des Bloggens eines gelernt habe, dann, dass Menschen mit einer Liebe zur Literatur auch eine Schwäche für London haben. Das ist eigentlich nicht verwunderlich: London hat in unzähligen Schriftstellerbiografien eine bedeutende Rolle gespielt, ist regelmäßig Schauplatz unterschiedlichster Geschichten, bietet Ausstellungen, Museen oder Touren mit literarischem Bezug, bündelt eine Vielzahl grandioser Bühnenadaptionen literarischer Stoffe und beherbergt Buchhandlungen für jeden Lesergeschmack und Geldbeutel. Auch ich bin vor ca. zwölf Jahren dem Charme der britischen Metropole verfallen und so führte mich meine Sehnsucht nach dieser Stadt nun bereits zum fünften Mal nach London.

Das Gute daran, nicht zum ersten Mal in einer Metropole zu sein: Man kann die klassischen Touristenattraktionen getrost ignorieren und die Stadt so kennenlernen, wie sie auch die Einwohner erleben – Theaterbesuche im West End, Schlendern durch Seitenstraßen, Stöbern über kleine Märkte in Hinter- oder Innenhöfen …

EINE Touristen-Attraktion „mussten“ wir allerdings doch ins Programm aufnehmen: Die Harry Potter Studio Tour! Denn die gab es während unseres letzten Londonaufenthaltes noch nicht und es wäre eine Schande, diese Attraktion links liegen zu lassen. Wie einige von euch wissen, bin ich kein Potterhead – ich kenne einen Teil der Filme und das war’s. Aber der Liebste hat ein Faible für Harry Potter und da ich ihn schon nicht mit Tickets für „Harry Potter and the Cursed Child“ überraschen konnte, sollte unser Londontrip wenigstens durch die Tour ein bisschen Potter-Magie erfahren. Und das ist wirklich geglückt! Selbst ich war begeistert von der Tour, sowohl was die Organisation im Vorfeld und vor Ort angeht, als auch die Umsetzung der Tour. Es gab viel zu entdecken und zu bestaunen, alles war clever und liebevoll arrangiert – und es gab ausreichend Platz, sodass sich die Massen (trotz Schulklassen) nie auf die Füße traten. Eines der Highlights (oder gar DAS Highlight) bildet das gigantische Hogwartsmodell, dass die Produzenten für Außenaufnahmen von Hogwarts (bspw. bei Vogelperspektiven) einsetzten. Enttäuschend fanden wir jedoch den Souvenirshop, der kaum Besonderes bereithielt bzw. nahezu nichts hatte, was man nicht auch anderswo bekäme. Vielen der Souvenirs sieht man zudem an, dass sie für wenig Geld produziert wurden. Wer etwas Außergewöhnliches sucht, der sollte im House of MinaLima in der Greek Street vorbeischauen! Hinter dem Namen MinaLima verbirgt sich das Designer-Duo Miraphora Mina und Eduardo Lima, die Requisiten für die Harry-Potter-Filme kreierten und auch darüber hinaus viele weitere tolle kreative Sachen machen. Das vierstöckige House of MinaLima ist eine gelungene Kombination aus Shop und Galerie, einzigartig und mit viel Liebe zum Detail gestaltet – und die Mitarbeiter sind außerordentlich freundlich, offen und gesprächig. Zu bestaunen und zu kaufen gibt es natürlich vieles mit Bezug zu Harry Potter, aber auch kreativ gestaltete Kinderbücher, farbenfrohe Notizbücher und bibliophile Kunstdrucke. Ich habe mich regelrecht in die Arbeit des Duos verliebt und hätte so gern den halben Store leer gekauft. :D Zum Glück verschicken sie auch international! Also: Wenn es euch nach London verschlägt, schaut auf jeden Fall im House of MinaLima vorbei – auch dann, wenn ihr mit Harry Potter gar nichts anfangen könnt, werdet ihr aus dem Staunen nicht herauskommen. An dieser Stelle möchte ich noch einmal von Herzen Jule danken, die mir diesen Geheimtipp verraten hat! :)

Neben einem Harry-Potter-Overload stand dieses Jahr für uns viel West End auf dem Programm: Wir sahen „Les Misérables“ – das am längsten laufende Musical im West End – zum ersten Mal auf englischer Bühne, folgten zum wiederholten Male G(a)linda und Elphaba nach Oz („Wicked“ feierte in der Woche unseres Aufenthalts sein zehnjähriges West-End-Jubiläum) und lachten in „No Man’s Land“. In letzterem lieferten die legendären Sirs Ian McKellen und Patrick Stewart zusammen mit Owen Teale („Game of Thrones“) und Damien Molony eine grandiose Show ab. Ich hatte vor ca. zehn Jahren schon einmal das Glück, Ian McKellen als König Lear auf der Bühne zu erleben und war froh, nun noch einmal in den Genuss eines seiner Live-Auftritte zu kommen. McKellens Mimik und Gestik sind so unglaublich ausdrucksstark und jede Sekunde, die er auf der Bühne steht, ist ein Highlight für sich. Solltet ihr jemals vor der Möglichkeit stehen, ein Bühnenstück mit Ian McKellen zu sehen – nehmt diese Möglichkeit unbedingt wahr! Gegen Ian McKellen on stage ist selbst das spektakulärste Kino langweilig! Und wenn ihr schon in London seid: Ladet euch die Audio Tour mit Ian McKellen auf euer Smartphone (Theatreland Tour über Voice Map – vor Ort braucht ihr lediglich GPS, aber keine Internetverbindung). Auf überaus charmante, witzige und, ja, fast freundschaftliche Weise führt euch McKellens Stimme durch das West End, lockt euch durch dunkle Gassen, verrät euch die Hot Spots der Theaterszene und erzählt so manche lustige oder auch schaurige Anekdote. Ihr kommt an dem Gericht vorbei, vor dem sich Oscar Wilde wegen seiner Homosexualität verantworten musste und an den Schauplatz eines Mordes. Letzteres wäre in unserem Fall ein fast schauriger Moment gewesen, denn der Tatort liegt in einer schmalen, dunklen Gasse und die Sonne war bereits untergegangen, als uns Ian McKellen zu diesem Ort hinlotste. Allerdings befindet sich am Anfang der Gasse ein gut besuchter Pub, sodass die Gasse in diesem Moment gut belebt war. Apropos Pubs: An denen kamen wir während der Tour häufig vorbei – der damit verbundene hohe Lärmpegel machte es uns leider jedes Mal schwer oder gar unmöglich, McKellens Worte zu verstehen. Nehmt also besser extrem gute Kopfhörer mit oder startet die Tour an einem Vor- oder frühen Nachmittag!

Bedingt durch die Theaterbesuche hielten wir uns natürlich auch viel am Leicester Square auf, wo mir mal mehr, mal weniger talentierten Musikern lauschten (zu den Talentierten gehörte der Australier Jack Dawson, der schnell viel Publikum um sich versammelte), Zucker im m&m’s Store tankten und durch Chinatown schlenderten.

Neben West End und Harry Potter standen Londoner Street Art und Museumsbesuche auf dem Programm (das mit seiner Größe und dem labyrinthähnlichen Aufbau erschlagende British Museum und die Wellcome Collection, die eine Empfehlung von Lena war und in der es aktuell eine spannende Sonderausstellung zur Geschichte der Psychiatrie gab). Und wir gönnten uns viel leckeres Essen: Erst waren wir mit in London wohnenden Bekannten indisch essen, später spontan in einem peruanischen Restaurant mit göttlichem Ceviche, in Jamie Oliver’s Diner am Piccadilly Circus und schließlich noch in einem japanischen Restaurant, in dem ich den zartesten Thunfisch meines Lebens gegessen habe (und als Sushi-Süchtige esse ich wirklich oft Thunfisch ;) ).

Am letzten Tag vor unserer Abreise waren wir noch einmal mit Bekannten für einen Abend im Pub verabredet und trafen uns dazu in Covent Garden – ein Glück für mich, denn so entdeckten wir den Mumin-Shop (wieder)! Dass es einen Mumin-Shop in London gibt, wusste ich zwar seit Jahren und wollte immer dort hin, allerdings habe ich den Laden bei unserer Londonplanung irgendwie nicht auf dem Schirm gehabt. Umso schöner war es daher, dass wir zufällig an dem Shop vorbeikamen. Zwar ist der Laden klein, aber Mumin-Liebhaber kommen voll auf ihre Kosten. Ich selbst habe mir eine grüne Kunstledertasche mit Mumim-Print gegönnt, die ihr dann im Frühjahr auf der LBM auch live ansehen könnt.

So schwarz auf weiß klingt das alles schon einem recht vollen London-Programm. Tatsächlich war es ziemlich entspannt. Aber etwas Wichtiges habe ich natürlich vergessen: die Buchhandlungen! Hatten wir während unserer letzten Londonreise im Vorfeld gezielt Buchhandlungen ausgewählt, die wir später aufsuchten, gingen wir dieses Jahr ohne solche Vorüberlegungen ins Büchershopping. So landeten wir letztlich in insgesamt etwa einem Dutzend Buchhandlungen unterschiedlicher Größenordnungen und Angebote – von modernen und großen Läden wie Waterstones und Foyles bis hin zu Second Hand und Antiquariat war alles dabei (mein Geheimtipp für alle, die auf der Suche nach richtigen antiquarischen Schätzen sind: Henry Pordes Books in der Charing Cross Road). Ein Laden entpuppte sich dann jedoch als Esoterik- und Okkultismus-Buchhandlung – da das nun wahrlich nicht unser Themenbereich ist, haben wir hier nach einem einminütigen Rundgang auch prompt kehrtgemacht.

Fotos der Buchhandlungen haben wir euch leider nicht mitgebracht – entweder weil die Buchhandlungen optisch nicht sonderlich fotografierenswert waren oder wir beim letzten Londontrip schon Fotos gemacht hatten oder wir es tatsächlich beim Durchforsten der Regale vergessen haben. Was ich euch jedoch nicht vorenthalten möchte, sind die Bücher, die es mit nach Deutschland schafften:

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„Here I am“ (Jonathan Safran Foer) und „A Brief History of Seven Killings“ (signiert von Autor Marlon James) hatte ich mir im Vorfeld der Reise auf meine Kaufliste gesetzt. „Wolf Children Ame and Yuki“ ist die hochwertige Hardcover-Ausgabe des vollständigen Mangas zum gleichnamigen Anime von Mamoru Hosoda und stand schon seit Jahren auf meiner Wunschliste. „Tales of the Peculiar“ (Ransom Riggs) habe ich mir spontan geholt, obwohl ich die Peculiar-Children-Reihe noch gar nicht gelesen habe – aber das Buch ist so edel aufgemacht und noch dazu vom Autor signiert, wie könnte ich da widerstehen?!

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Im House of MinaLima gönnte ich mir diese liebevoll und kreativ gestalteten Ausgaben von „Peter Pan“ und „The Jungle Book“ – obwohl ich von beiden Titeln bereits Ausgaben hier habe. In MinaLimas Büchern gibt es so viel zu entdecken und zu staunen! Im Frühjahr erscheint in gleichem Stil übrigens „The Beauty & the Beast“!

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Mit dem „Grimmerie“ habe ich schon bei früheren „Wicked“-Besuchen geliebäugelt. Zum zehnjährigen West-End-Jubiläum habe ich es mir nun zusammen mit der Jubiläums-CD gegönnt. Und nicht bereut! Denn es ist wundervoll, nun auch auf Papier immer wieder in das Bühnenstück einzutauchen und hinter die Kulissen zu schauen!

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„The Wolf Wilder“ von Katherine Rundell begegnete mir in London ständig in den Buchhandlungen, aber zum Kauf vor Ort konnte ich mich irgendwie nie hinreißen lassen. Zurück in Deutschland und mit einem noch ungenutzten Audible-Guthaben vom Vormonat lauschte ich daher einfach mal ins Hörbuch rein – und Sprecherin Nicolette McKenzie hat in der Hörprobe so überzeugt, dass ich mir spontan das Hörbuch gönnte. Mit dem Schauplatz Russland und dem etwas Märchenhaftem passt das Hörbuch auch ideal in die nun düster und kürzer werdenden Tage.

Was es sonst so in Londons Buchhandlungen zu entdecken gab? Das verrate ich euch am Mittwoch.

PS: Der Liebste gönnte sich zwei preisgekrönte Graphic Novels und eine Special Edition des ersten Bandes von Brandon Sandersons Mistborn-Reihe.