BreatheDie Menschheit hat sämtliche Bäume abgeholzt und die Erde damit zugrunde gerichtet: Der Sauerstoffgehalt der Luft sank drastisch auf vier Prozent. Leben wurde unmöglich und so reduzierte sich die Weltbevölkerung auf 0,5 Prozent. Seit diesem Ereignis, das als „Switch“ in die Geschichte einging, sind die Überlebenden weltweit unter gigantischen Glaskuppeln untergebracht, die mit künstlichem Sauerstoff versorgt werden. Außerhalb der Kuppel ist Leben unmöglich geworden – es gibt keine Pflanzen und jegliche Zeichen früherer Zivilisation sind Ruinen. Innerhalb der Kuppel ist die Gesellschaft in die wohlhabenden Premium-Bürger und die armen Seconds geteilt. Erstere genießen den Luxus, sich genug Sauerstoffflaschen leisten zu können, um Sport zu treiben oder Ausflüge in die alte Welt zu machen. Die Seconds hingegen können sich gerade das Notwendigste leisten und achten auf ihr Atmen: Der Sauerstoffverbrauch in den Wohnungen wird streng kontrolliert – wer mehr verbraucht, als veranschlagt, muss nachzahlen. Alles, was viel Sauerstoff verbraucht, ist verboten, wird vermieden oder ist Luxus: Schneller als 3 km/h zu laufen, verstößt gegen das Gesetz und Sex findet in Gassen statt, um den Verbrauch innerhalb der Wohnung niedrig zu halten. Pflanzen existieren lediglich in einem speziellen Biotop – statt Gras liegt grünes Linoleum in den Vorgärten, Balkons zieren Plastikblumen und die Nahrung wird künstlich hergestellt und mit Vitaminen angereichert. Die Macht über diese neue Welt hat „Breathe“ – eine Organisation, deren Machenschaften nicht von allen befürwortet werden. Zu jenen, die gegen „Breathe“ rebellieren, zählt auch die Second-Bürgerin Alina. Nach dem Mord an ihrem Freund Abel bleibt ihr keine Wahl, als zu fliehen – in die Welt außerhalb der Kuppel. An der Grenze trifft sie auf Quinn und dessen beste Freundin Bea, die einen Campingausflug in die Außenwelt vorhaben. Da Quinn kurz zuvor ein Auge auf Alina geworfen hat, hilft er ihr, die Kuppel unauffällig zu verlassen. Aus dem gemütlichen Campingausflug wird indes nichts, da Bea und Quinn Alina in der Außenwelt begleiten.  Diese Entscheidung entpuppt sich als lebensgefährlich und nur kurze Zeit später tritt Alinas Verhalten einen Krieg zwischen den Rebellen und „Breathe“ los. Ein Krieg, in den auch Bea und Quinn hineingezogen werden und der den Premium-Bürger Quinn dazu zwingt, sich gegen seinen eigenen Vater – einer der Verantwortlichen bei „Breathe“ – zu stellen.

Die Geschichte wird abwechselnd aus Beas, Quinns und Alinas Sicht geschildert. Sie sind die dritte Generation, die unter der Kuppel lebt. Bea ist von den drei Protagonisten dabei die sympatischste. Quinn ist ein leicht naiver, hormongetriebener Gutmensch und Alina die toughe Rebellin, die zumeist nur an sich selbst denkt und erst lernen muss, ihre Selbstschutzmechanismen und Selbstsucht abzulegen. Doch obwohl der Leser alles aus Sicht dieser drei Teenager erlebt, prägen sich insbesondere diverse Nebenfiguren ins Gedächtnis ein. Sarah Crossan gibt ihren Charakteren dabei eigene Ausdrucksweisen. So spricht beispielsweise die ausgestoßene Maude Blue mit Dialekt.

Zeit zum entspannten Luftholen bleibt den Figuren in „Breathe – Gefangen unter Glas“ nie: Sarah Crossan startet die Geschichte nicht mit einer Einführung der Charaktere oder des Settings. Stattdessen holt sie die Leser unmittelbar ins Geschehen. Danach jagt ein Ereignis das nächste. Die Hintergründe der gegenwärtigen Situation und die Lebensumstände erschließen sich dabei Stück für Stück während des Handlungsverlaufs. Wie es in Jugenddystopien Standard ist, existiert auch zwischen den Protagonisten in „Breathe“ eine Dreiecksbeziehung. Im Gegensatz zu anderen Büchern des Genres zieht sich diese aber glücklicherweise nicht über mehrere Bände, sondern löst sich bereits im Auftakt der Reihe auf und ist deutlich realistischer, da hier keine abgöttische, unsterbliche Liebe von heute auf morgen entsteht. Zudem ist die jugendliche Verliebtheit zwar Ursache für die diverse Entscheidungen der Personen, spielt sich insgesamt aber eher im Hintergrund ab. Andere Dystopien nutzen die anti-utopische Gesellschaft oft nur als Kulisse für Liebesgeschichten, Sarah Crossan macht das Gegenteil: „Breathe“ stellt die Gesellschaft und ihre Entwicklungen in den Mittelpunkt und bildet damit seit langem einmal eine Dystopie, die den Titel wirklich verdient. Die von Crossan geschaffene Welt ist dabei sehr authentisch und so realistisch, dass eine derartige Zukunft – leider – sehr greifbar und nah wirkt. Leben möchte man in dieser ungesunden, einschränkenden Welt wahrlich nicht.

Fazit:

„Breathe – Gefangen unter Glas“ ist ein gelungener, kurzweiliger Serienauftakt über eine Welt, in der Atmen Luxus ist. Zwar bedient sich Sarah Crossan einiger klassischer  Elemente der Jugenddystopien, doch setzt sie diese sehr gekonnt um, indem sie den Fokus auf die zukünftige Welt und ihre Lebensumstände lenkt, anstatt diese nur als Hintergrund für eine Teenie-Romanze zu nehmen.

Für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares bedanke ich mich vielmals bei dtv.