Christoph ist erfolgreicher Unternehmer, hat eine attraktive und ebenfalls erfolgreiche Ehefrau, tolle Kinder, ein schönes Haus und nur die neusten, trendigsten Dinge. Aber er ist immer noch ehrgeizig, liebt es neue Projekte und Ideen zu entwickeln. Das ein oder andere Hobby hat Christoph schon ausprobiert – und irgendwann wieder aufgegeben. Für seine Frau Claudia sind diese Phasen nichts Neues mehr. Doch dieses Mal ebbt Christophs Leidenschaft für ein Thema nicht ab. Er ist nicht nur Feuer und Flamme für sein neustes Projekt – Zeitreisen -, sondern lebt quasi nur noch für die Lösung dieses Problems, das die Menschheit schon seit Ewigkeiten beschäftigt. Christoph verbringt Tage und Nächte vor dem PC, recherchiert alles zu dem Thema und versucht, ohne große Kenntnisse in Physik, das Geheimnis zu lüften und Zeitreisen möglich zu machen. Sein Weg führt ihn über unzählige Homepages, wissenschaftliche Standpunkte, Interviews und eine erfolglose Polenreise schließlich ins englische Portsmouth – und zu außerirdischem Kontakt. Doch in seinem übereifrigen Streben vernachlässigt Christoph nicht nur seinen Job, sondern auch Freunde und Familie, besonders die Ehe zu Claudia leidet stark. Nichtsdestotrotz arbeitet der BWLer unbeirrt weiter und findet schließlich auch seine Antworten zum Thema „Zeitreisen“. Der Preis dafür ist jedoch hoch, denn plötzlich begeht Christoph einen dummen Fehler, der ihn zwar zurück in die Vergangenheit bringt, allerdings ohne eine Möglichkeit, in die Gegenwart zurückzukehren.

Axel Westerwelle behandelt ein millionenfach benutztes Thema auf eine völlig neue Art und Weise. Im Gegensatz zu anderen Zeitreise-Romanen wird keine Geschichte einer Zeitreiseerfahrung erzählt, sondern die Möglichkeit des Zeitreisens erforscht. Christoph recherchiert intensiv, wie der aktuelle Stand der Wissenschaft ist und wie eine Zeitreise möglich gemacht werden kann. Auf diesem Weg begleitet ihn der Leser durchgehend. Man erlebt die mühsame Arbeit des Protagonisten ebenso mit wie seine Rückschläge und Erfolge. Es wird versucht, eine logische Erklärung des Zeitreise-Phänomens zu finden. Westerwelle arbeitet hier mit vielen Fakten und Informationen und wenn der aktuelle Stand der Wissenschaft zu diesem Thema so ist, wie im Roman geschildert, muss der Autor wohl viel Arbeit gehabt haben, um dies alles herauszufinden – dank des Buches erfährt der Leser ja sehr gut, wie viel Aufwand Christoph hatte und kann so wohl gut auf die Mühe des Autors schließen.

Christoph und Claudia wirken als Hauptcharaktere sehr vielschichtig. Denn auch wenn sie auf den ersten Blick mit ihren Marken-Produkten oberflächlich erscheinen mögen, so zeigen sie im Laufe der Handlung viele Facetten. Lediglich eine Unterhaltung zwischen Claudia und ihrer Freundin Kathrin in einem Hamburger Café wirkt sehr aufgesetzt und unnatürlich. Dies legt sich jedoch im weiteren Verlauf und Claudia wird zunehmend greifbarer und realistischer. Nicht selten erwischt frau sich sogar dabei, wie ähnlich Claudia einem selber ist. So zum Beispiel als sie Christoph über längere Zeit sucht und nichts von ihm hört: Ärger über sein Verhalten und die Sorge, ihm könne etwas zugestoßen sein, wechseln sich ununterbrochen ab. Genau dieses Wechselbad der Gefühle hat wohl jede Frau schon einmal durchmachen müssen, wenn der Liebste mal stundenlang nicht erreichbar war, es kein Lebenszeichen von ihm gab und auch Freunde und Verwandte nichts gehört haben – und das nur aus einem so trivialen Grund wie einem leeren Handyakku! Daher können LeserINNEN sehr gut mit Claudia mitfühlen. Gleichzeitig fiebert man bei Christophs extraterrestrischen Experimenten mit. Und als er endlich Erfolg hat, begeht er einen Fehler. Hier beginnt sein eigentliches Zeitreise-Abenteuer. Doch gerade, als es am spannendsten ist, endet der erste Band der „Lost in History“-Reihe. Wenn man hier nicht gleich Band 2 parat hat, möchte man am liebsten sofort zum Buchhandel rennen. Ist dies nicht möglich, kann der Leser in den Leseproben zu Band 2, die sich im Anhang des Buches befinden, seine Neugier ein wenig befriedigen.

Axel Westerwelle hat als Roman-Autor einen sehr leichten Schreibstil. Die Geschichte liest sich sehr schnell weg und ist trotz der vielen Fakten und Informationen nicht langweilig. Es gibt viele Stellen, bei denen man sich ein Lachen nicht verkneifen kann. Sehr genial sind auch die sprachlichen Bilder und die damit verbundenen Entdeckungen, die Christoph macht. Die Vergleiche zwischen Menschen und Einsiedlerkrebsen auf Texel oder Ameisen sind so einleuchtend und dabei so unterhaltsam.

Fazit:

Axel Westerwelle, der zuvor nur Sachbücher veröffentlichte, ist mit „Lost in History – Gegenwart“ ein tolles Romandebüt gelungen. Das Buch ist zwar keine typische Zeitreise-Geschichte, enthält kaum Standardelemente der Sci-Fi- oder Fantasy-Literatur, sondern erscheint als Roman, in dem sich Zeitreisen wissenschaftlich und unterhaltsam zugleich genähert wird. Wer sich auf diese neue Art von Zeitreise-Story einlässt, kann sich auf ein witziges, gleichzeitig aber auch informatives Leseerlebnis freuen und wird sich wundern, wie schnell die 237 Seiten weggelesen sind. Ein Tipp: Unbedingt gleich Band 2 besorgen, bevor ihr mit dem Lesen beginnt, um nach dem spannenden Ende des ersten Bandes sofort weiterlesen zu können!

Vielen Dank für das Rezensionsexemplar an Axel Westerwelle und den Hamburger Verlag!